<149> Die Minister wiesen darauf hin, der kaiserliche Hof müßte geheime Gründe haben, wenn er so arglistig zum Kampfe hetze, zumal in einer Frage, die an sich so unbedeutend sei und sich noch immer gütlich beilegen lasse. Ein Herrscher, der Ratschläge anhört, ist auch imstande, sie zu befolgen. Der König errang an jenem Tag einen schöneren Sieg über sich selbst, als er über seine Feinde hätte davontragen können: er überwand seine Leidenschaften zum Besten seines Volkes. Beide Parteien wählten die Herzöge von Braunschweig und von Gotha zur Beilegung der kleinen Zwistigkeiten.

Der Kaiser tat sein Möglichstes, um die Unterhandlung zu durchkreuzen; aber sie wurde rasch zu Ende geführt. Die preußischen Soldaten wurden freigelassen, die hannoverschen Bauern herausgegeben, und in der Streitfrage der Wiesen verglich man sich. Gütliche Einigungen dieser Art sind um so vernünftiger, als die Herrscher auch nach den glücklichsten Kriegen früher oder später doch ein gleiches tun müssen, ohne größere Vorteile zu erzielen. Das Beispiel von Mäßigkeit, das Friedrich Wilhelm hier gegeben hat, steht in der Geschichte vielleicht einzig da.

Dem König lag das Wohl seiner Untertanen stets mehr am Herzen als sein persönlicher Ehrgeiz. So gründete er in Berlin die Charité nach dem Vorbild des Pariser Hôtel Dieu und baute die Friedrichstadt, die durch ihren Umfang, die regelmäßige Anlage ihrer schnurgerade gezogenen Straßen und die Schönheit ihrer Gebäude die Altstadt weit übertrifft. Dort hatte er auch das Vergnügen, den König von Polen zu empfangen. Die Zusammenkunft der beiden Herrscher verlief unter prunkvollen Festlichkeiten.

Unterdessen wurde unaufhörlich verhandelt, um Kriegswirren vorzubeugen. Die Mächte kamen überein, einen Kongreß in Soissons abzuhalten. Er wurde von allen Höfen beschickt, die an den Verträgen von Hannover und Wien beteiligt waren (1728). Frankreich und England machten Spanien so günstige Anerbietungen, daß es den Interessen des Kaisers entfremdet wurde. Eine Folge des Kongresses von Soissons war der Vertrag von Sevilla (1729). Seine Einzelheiten sind sehr bemerkenswert, da sie Spanien den Weg nach Italien eröffnen. England verpflichtet sich darin, das Recht der Erbfolge in Parma und Piacenza dem Infamen Don Carlos zuzuerkennen1, und zwar in Anbetracht der Vorteile, die Spanien den Engländern durch das Monopol des Negerhandels nach den Kolonien einräumt.

Der König von Polen, der 1728 nach Berlin gekommen war, wollte auch seinen eignen Prunk vor den Augen Friedrich Wilhelms entfalten und gab ihm rein miltärische Feste (1730). Er zog seine Truppen, 23 000 Mann stark, im Lager bei Radewitz, einem Dorf an der Elbe, zusammen. Die Manöver, die er von ihnen ausführen ließ, waren ein Abbild römischer Kriegführung, vermischt mit den Visionen des Chevalier Folard2. Die Kenner sahen in diesem Feldlager eher ein theatralisches Schauspiel als ein echtes Sinnbild des Krieges.


1 Vgl. S. 133.

2 Vgl. die Vorrede des Königs zum Auszug aus den Kommentaren des Chevalier Folard zur Geschichte des Polybios (Bd. VI).