<159> Prophezeiungen in Umlauf, nach denen die Schicksalsstunde des Halbmonds gekommen sei. Der Aberglaube tat das seine: der Beichtvater hielt dem Kaiser vor, es sei Pflicht eines katholischen Herrschers, den Feind der Christenheit auszurotten. All diese verschiedenen Einflüsterungen gingen eigentlich nur von der Kaiserin1, von Bartenstein2, Seckendorff und dem Prinzen von Hildburghausen aus, die sich zusammengetan hatten und insgeheim alle Hebel in Bewegung setzten. Haß und höfische Ränke führten den Entschluß zu diesem Krieg ohne jeden stichhaltigen Grund herbei. Der Kaiser selbst war einigermaßen erstaunt, sich in ihn verwickelt zusehen.

Der Großherzog von Toskana und frühere Herzog von Lothringen wurde zum Generalissimus der kaiserlichen Heere ernannt. Seckendorff kommandierte unter ihm oder, besser gesagt, er hatte das eigentliche Kommando. Zu Beginn des Feldzuges (1737) nahmen die Kaiserlichen Nissa; darauf beschränkte sich aber ihr ganzes Kriegsglück. Der Prinz von Hildburghausen ließ sich mit seinem Detachement bei Banjaluka schlagen. Khevenhüller hob die Belagerung von Widdin auf. Die Türken überschritten den Timok, bedrängten ihn heftig und griffen seine Nachhut an. Dost Pascha3 gewann Nissa zurück, und der Kaiser ließ Doxat enthaupten, der den Platz übergeben hatte, ohne ernsten Widerstand zu leisten.

Gegen Ende des Jahres starb die Königin von England4, die sich als Beschützerin der Gelehrten eines guten Rufes erfreute.

Der Feldzug von 1738 war für die Russen und Österreicher gleich unglücklich. Umsonst versuchte Münnich, in der Richtung von Bender nach Bessarabien vorzudringen. Das Land war durch die Tartaren verwüstet; er wagte sich nicht tiefer hinein, da er für seine Truppen dasselbe Unheil befürchtete, das den Schweden dort widerfahren war5. In Oczakow richtete die Pest außerordentliche Verheerungen an und zwang ihn, die Stadt zu verlassen. In der Krim vermochte Lacy keine Fortschritte zu machen.

Die schlimme Wendung, die der Krieg in Ungarn nahm, machte den Kaiser verzagt. Er trauerte um den großen Eugen, der im Jahr 1736 gestorben war, und dem er den Ruhm seiner Regierungszeit verdankte. „Ist denn das Glück des Staates“, sagte er, „mit dem Helden gestorben?“ Da er indessen über den unglücklichen Verlauf des Krieges erbittert war, so hielt er sich an seine Heerführer. Seckendorff wurde auf der Festung Graz gefangen gesetzt, und den Befehl über das Heer in Ungarn erhielt Königsegg.

Die Kaiserlichen wurden in mehreren Treffen geschlagen. Die Türken nahmen Alt-Orsowa und Mehadia. Sie schritten auch zur Belagerung von Neu-Orsowa, hoben sie aber wieder auf, da sie bei Kornia zurückgeschlagen wurden. Da jedoch


1 Elisabeth.

2 Johann Christoph von Bartenstein war Geheimer Staatssekretär.

3 Vielmehr Achmed Köprili, der Statthalter von Rumelien.

4 Karoline, geborene Markgräfin von Ansbach, starb am 1. Dezember 1737.

5 Vgl. S. 112.