<133> freie Verfügung über all die Truppen, die er gegen Schweden ins Feld gestellt hatte. Belling mit 20 Schwadronen und Billerbeck1 mit 6 Bataillonen erhielten Befehl, zur Armee in Sachsen zu stoßen. Der Herzog von Bevern, der Prinz von Württemberg und Werner2 sollten zur schlesischen Armee rücken, sobald sie nach Lage der Dinge Pommern verlassen konnten.

Der König beabsichtigte den Feldzug mit einer Diversion gegen Ungarn zu eröffnen. Demzufolge sollte Werner bei Budapest3 zu den Tartaren stoßen und ihre Einfälle in die dortige Gegend und in Österreich selbst unterstützen. Das hätte die Operationen des Königs in Schlesien erleichtert. Galt es doch, Schweidnitz wiederzunehmen und nach erfolgter Belagerung die Armee des Prinzen Heinrich zu verstärken, damit sie zur Wiedergewinnung Dresdens schreiten konnte. Aber diese Pläne wurden alsbald verändert, da ein Allianzvertrag mit den Russen zustande kam4.

Seit Mitte März begannen die verschiedenen Truppen sich zur Armee heranzuziehen. Schenckendorff verließ Sachsen und löste Schmettau und Thadden in Guben ab. Ihm folgte das Platensche Korps, das damals von Krockow5 geführt wurde. All diese Detachements kamen nacheinander in Breslau an, und zwar Schmettau, Thadden und Zeuner am 15. April, Krockow mit 25 Bataillonen und 35 Schwadronen am 6. Mai. Lossow, der mit seinen Husaren und Bosniaken6 Oberschlesien gegen die Kosaken gedeckt hatte, löste Dalwig in Canth ab, und der Prinz von Württemberg stieß am 12. Mai mit 5 Bataillonen und 6 Schwadronen zur Armee.

Man wird sich gewiß wundern, daß die Österreicher die Vereinigung all dieser preußischen Korps mit solchem Phlegma und solcher Kaltblütigkeit duldeten, ohne sie irgendwie daran zu hindern. Aber ihre Bestürzung und Entmutigung war gewaltig, teils wegen des Abfalls der Russen, auf die sie so sehr gerechnet hatten, teils auch infolge der Verminderung ihrer Armee, da der Wiener Hof sehr zur Unzeit viele Truppen im Winter entlassen hatte7. Überdies machte ein in ihrem Heere herrschender Aussatz die Hälfte ihrer Regimenter kampfunfähig. Die Offiziere hielten ihre Sache im Grunde schon für verloren. Außerdem hatte Feldmarschall Daun den Oberbefehl über die schlesische Armee erhalten, und Laudon, der ihm in kurzem das Kommando übergeben sollte, verspürte gar keine Lust, für seinen Nachfolger zu arbeiten und seinen Ruf für einen Mann aufs Spiel zu setzen, den er aus tiefstem Herzen verabscheute. Zieht man alle diese Gründe sorgsam in Betracht, so wird man sich weniger wundern, daß der König seine zerstreuten Kräfte zusammenziehen konnte, ohne daß der Feind ihn daran hinderte.

Während die Armee sich in der Umgegend von Breslau versammelte, teilte der russische Zar dem König mit, Tschernyschew solle auf seinen Befehl Thom verlassen


1 Oberst Hans Christoph von Billerbeck.

2 Peter III. hatte Werner sofort aus der Gefangenschaft (vgl. S. 105) entlassen.

3 Vielmehr bei Kaschau.

4 Vgl. S. 128.

5 Generalleutnant Anton von Krockow.

6 Ein Korps Bosniaken (Ulanen) war dem Husarenregiment Lossow angegliedert. Es war 1745, eine Schwadron stark, errichtet und im Frühjahr 1762 auf 10 vermehrt worden.

7 Vgl. S. 129.