<48> Tauentzien1 hatte die Stadt klug und tapfer verteidigt. Allerdings hatte er einen Teil der Vorstädte in Brand setzen müssen. Prinz Heinrich langte am selben Tage (6. August) in Breslau an, wo Laudon sich nach Canth zurückgezogen hatte und die Russen nach Hundsfeld rückten. Der Prinz detachierte Platen2 und Thadden3 nach Friedewalde. Dort verschanzten sie sich in einer Stellung zur Deckung der Vorstadt Polnisch-Neudorf gegen die Schandtaten der Kosaken.

Im übrigen enthielt Dauns Brief seine Feldzugspläne. Er erörterte die Frage, ob es vorteilhafter wäre, Schweidnitz oder Neiße zu belagern, und endigte mit den Worten, Lacy brauchte sich nicht zu eilen und seine Truppen nicht zu übermüden. Es käme nicht darauf an, ob er einen Tag früher oder später einträfe.

Nachdem diese Briefe aufgefangen waren, setzte die Armee des Königs ihren Marsch nach Arnsdorf fort. Am nächsten Tage (6. August) kam sie in Rothwasser und am 7. in Bunzlau an, während Daun Löwenberg erreichte. In fünf Tagen hatten beide Armeen die Strecke von der Elbe bis zum Bober zurückgelegt und waren infolgedessen der Ruhe bedürftig. Am 9. setzten sie sich wieder in Marsch, jedoch mit ganz verschiedenen Absichten. Der König mußte notwendig für neuen Proviant sorgen und wollte zu dem Zweck nach Breslau oder Schweidnitz marschieren, wo sich die großen Armeemagazine befanden; denn seine mitgenommenen Vorräte reichten nur noch auf zehn Tage. Dauns Absicht war jedoch auf eine Stellung hinter der Katzbach gerichtet, durch die er den König zugleich von Breslau und Schweidnitz abzuschneiden hoffte. Dann wäre dieser entweder zu einem mißlichen Kampfe gegen überlegene Streitkräfte oder zum Rückzug auf Glogau genötigt worden. Dadurch aber hätte er es den Österreichern und Russen leicht gemacht, das Heer des Prinzen Heinrich zu vernichten und Breslau und Schweidnitz zu nehmen. So entgegengesetzte Absichten mußten, wie wir gleich sehen werden, zu seltsamen Gegensätzen in den Operationen der beiden Armeen führen. Unleugbar beging der König einen Schnitzer, als er mit seinen Truppen nach Goldberg rückte (9. August), wohin Daun mit seiner ganzen Armee marschieren wollte. Die Preußen hätten dort nur eine Spitze zeigen und mit ihren gesamten Kräften über Löwenberg nach Hirschberg rücken sollen, um die dortige Feldbäckerei und das bedeutende Lebensmitteldepot der Österreicher zu vernichten. Von hier brauchten sie sich nur nach Landeshut zu wenden, um Schweidnitz zu erreichen. Infolge dieses Manövers hätte der Feind ohne Kampf in die böhmischen Gebirge zurückgehen müssen, um Brot und Lebensmittel zu finden. Der wahre Grund zur Unterlassung des ganzen Zuges war der: man wußte nicht, daß die Kaiserlichen in Hirschberg Depots von Lebensmitteln angelegt hatten. Erst später erfuhr man davon.

So brach der König denn mit seiner Avantgarde nach Goldberg auf. Die Husaren und Freibataillone, die unterwegs zu ihm stoßen sollten, trafen aber nicht ein,


1 Generalmajor Bogislav Friedrich von Tauentzien.

2 Vgl. S. 38.

3 Oberst Georg Reinhold von Thadden.