<60> bedurfte einiger Zeit, bis sie wieder den Anschluß an die hinteren Kolonnen fand. In dem Wahn, diese Gelegenheit ausnutzen zu können, griffen die feindlichen Generale die preußische Infanterie mit 30 Schwadronen an. Sie wurden jedoch mit starken Geschützsalven und heftigem Gewehrfeuer empfangen und von den Seydlitz- und Prinz-Heinrich-Kürassieren1 auf ihre eigene Infanterie zurückgeworfen.

Endlich erreichte der König, stets seitlich von den Kaiserlichen begleitet, die Ortschaft Bögendorf. Von da schob er seine Avantgarde bis auf die Höhen von Hohengiersdorf vor. Doch mußte man dort erst einen Verhau wegräumen, den der Feind zur Sperrung des Gebirgsweges errichtet hatte. Jetzt wurden Daun die Absichten des Königs einigermaßen klar. Er stellte seine Armee fünf bis sechs Treffen tief bei Ober-Bögendorf auf, um das Plateau von Hohengiersdorf auf einem nahen Wege noch vor den Preußen zu besetzen. Zietens Geschütze jedoch beschossen den Feind so erfolgreich, daß die Verwirrung in seinem Korps allgemein wurde. Indes erreichte Wied mit zwei Bataillonen der Regimenter Prinz Heinrich und Jung-Braunschweig die Hohengiersdorfer Höhe zuerst. Er traf dort auf 10 abgesessene österreichische Schwadronen und jagte sie sofort mit einigen Kanonenschüssen in die Flucht. Als er aber weiter vorrückte, um dem Feinde den Weg zu dem Plateau zu verlegen, stieß er auf die Spitze von 10 Grenadierbataillonen, die Daun in der gleichen Absicht vorgeschoben hatte. Wied griff sie an. Das Gefecht2 war ebenso lebhaft wie kurz. Die Österreicher wurden geschlagen und verloren 600 Grenadiere und 14 Kanonen. Die Avantgarde und der linke preußische Flügel folgten Wied und nahmen Stellung von dem Plateau bis zum Blauen Ranzen. Die vom Feinde eilig besetzten Höhen von Seitendorf wurden rekognosziert. Die Kanonade hatte vom frühen Morgen den ganzen Tag über gedauert und endigte erst um halb zehn abends. Bis Breslau hatte man den Kanonendonner gehört. Bei seiner Stärke glaubten die Offiziere der dortigen Besatzung, eine Schlacht wäre im Gange. Und doch handelte es sich in Wahrheit nur um einen Marsch. In früheren Zeiten war manche Schlacht mit weniger Geschützfeuer geschlagen worden. Der Zweck des Marsches war die Erreichung von Waldenburg und die Vernichtung der dortigen feindlichen Bäckerei. Aber durch die fortwährenden Kämpfe hatten sich die Preußen derart versäumt, daß sie ihren Vorteil nicht weiter ausnutzen konnten.

Am nächsten Tage besetzte die Armee des Königs mit Ausnahme der Kürassiere die Höhen von Hohengiersdorf und versuchte über Reußendorf und den Kohlberg nach Waldenburg vorzudringen. Aber Laudon war den Preußen in der Nacht zuvorgekommen und hatte bereits die dorthin führenden Pässe besetzt. Auch Lacy hatte sich in jener Stellung mit ihm vereinigt, und so lief das Unternehmen der Preußen auf eine bloße Kanonade hinaus. Inzwischen setzte sich der König in Besitz der Höhen


1 Nach dem Tode des Prinzen August Wilhelm war sein zweiter Sohn, Prinz Heinrich, zum Chef des Kürassierregiments Prinz von Preußen ernannt worden.

2 Gefecht bei Hohengiersdorf, 17. September 1760.