<99>scheinlich war es allerdings nicht, daß den Preußen ein Unglück zustieß, falls nicht etwa Laudon im Schutze der Dunkelheit einen Teil des Lagers überfiel, wo die Truppen vielleicht gerade schliefen und keine Zeit mehr fanden, zur Verteidigung herbeizueilen. Um einer solchen Katastrophe vorzubeugen, ließ der König die Zelte jeden Abend abbrechen und die Armee am Rand der Verschanzungen des Nachts biwakieren. Andrerseits stand Laudon in den Stellungen bei Kammerau, Schönbrunn und Bögendorf so dicht bei Schweidnitz, daß der König sich zur Aufstellung eines Zwischenkorps zwischen Schweidnitz und der Armee gezwungen sah, um der Festung bei einem Angriff im Notfall zu Hilfe zu kommen und die Proviantzufuhr zu decken; denn die Armee bezog ihr Brot, ihre Fourage und alle Lebensmittel allein aus der Festung. Zu diesem Zweck rückte Gablentz mit einigen Bataillonen über Tunkendorf hinaus, wo sein rechter Flügel durch die Batterien des Lagers, der linke durch die Kanonen von Schweidnitz geschützt war. Auch sicherte er seine Stellung noch durch starke Verschanzungen vor seiner Front. Am gleichen Tage erhielten die Generale die Anordnungen zur Verteidigung des Lagers und ihres Verhaltens auf den ihnen angewiesenen Punkten1.

Trotz der großen Ausdehnung der preußischen Stellung war es doch gelungen, die Angriffspunkte auf drei zu beschränken. Der erste lag zwischen Bunzelwitz und Jauernick. Hier wollte der König selbst die Verteidigung gegen Laudon führen, der seine Annäherungswerte oder Verschanzungen gerade auf jener Seite errichtet hatte. Unmöglich konnten die Österreicher die befestigten Dörfer im Rücken lassen und auf das Zentrum eindringen, weil sie dann mit beiden Flanken in ein starkes Artilleriefeuer geraten wären. Aller Wahrscheinlichkeit nach mußten sie sich also zunächst der beiden Dörfer zu bemächtigen suchen. Der König beschloß, sie sich dort abmühen zu lassen und erst nach beträchtlichen Verlusten ihrerseits seine Kavallerie auf sie loszulassen. Außerdem konnte er die Truppen in den Dörfern im geeigneten Augenblick stets mit frischer Infanterie verstärken, ungerechnet die 60 Geschütze, die von den Flanken aus den Angriff erschwerten. Die zweite gefährdete Stelle lag zwischen Tschechen und dem Gehölz auf der rechten Flanke. Dort führte Zieten das Kommando. Ihm gegenüber standen die Russen. Sie hätten also wahrscheinlich dort den Angriff übernommen. Um aber an die Preußen heranzukommen, mußten sie unter dem Infanterie- und Artilleriefeuer der preußischen Verschanzungen über das Striegauer Wasser gehen. Dabei hätten sie ihre beste Infanterie verloren, ungerechnet die vielfachen Hindernisse, die bei einer Annäherung an die Schanzen vorher zu überwinden waren. Einige rechtzeitige Angriffe der Zietenschen Kavallerie hätten also genügt, um sie zu zerstreuen. Der dritte Angriffspunkt befand sich bei Peterwitz und an dem Defilee, das den Rücken der preußischen Armee deckte, wo Ramin2 kommandierte. Allem Anschein nach hätten hier Tschernyschew und Brentano den Angriff übernommen, weil ihre Detachements


1 Die „Disposition in allen Fällen, wie die Armee in diesem Lager attaquieret werden könnte.“

2 Generalmajor Friedrich Ehrentreich von Ramin.